Mit Blick auf den Menschen - Peter Zeiler und die Stiftung Hugo J. Tauscher
16.07. – 13.09.2020, geöffnet Do – So, 15-18 Uhr, jetzt als Online-Ausstellung hier im Archiv 2020
Wir ehren mit dieser Onlineausstellung auch den Ende Januar 2021 verstorbenen Künstler, der uns mit seiner menschenfreundlichen und gewitzten Art so viel Freude bereitet und immer ein Leuchten in die Villa Jaus gezaubert hat.
Führungen / Vorträge mit Wilhelm Geierstanger je nach Teilnehmerzahl (maximal 20): So 19.07.,Do 30.07.,Fr 14.08., Sa 29.08., So 13.09. jeweils 16 Uhr
Eintritt gegen freiwillige Spende
1998 erhielt die „Initiative Villa Jauss e.V.“ von dem Oberstdorfer Bürger Hugo J. Tauscher eine hervorragende Grafiksammlung. Im Sommer 2020 werden Blätter von Kokoschka, Kollwitz, Picasso, Dali, Beuys und vielen anderen Künstlern des 20. Jahrhunderts wieder gezeigt – neu geordnet: Männer im Erdgeschoss, Frauen im 1. Stock und Paare ebenfalls im 1. Stock. Betrachten die Besucher diese Arbeiten mit so geführtem „Blick auf den Menschen“, dann erschließen sich ganz neue Aspekte für die Stiftung und auch auf den Sammler; denn ein thematisch existenzieller Ansatz war neben der künstlerischen Qualität und den teilweise bekannten Namen immer ausschlaggebend für den Erwerb der Kunstwerke. Auffallend beim Erwerb über 30 Jahre war immer schon, dass Karikaturen auch ein wichtiger Sammelansatz für Herrn Tauscher waren. Diese fügen sich jetzt äußerst belebend in das gesamte Haus ein, wenn z.B. die Künstler sich selbst zum Thema machen (Beuys, Janssen, Grass, A.P. Weber) oder wenn sie die Hilfsbedürftigkeit thematisieren (Dali, Kokoschka, A.P. Weber). Dass Männer machtbewusst und aufgebläht in Erscheinung treten, geht nicht immer glimpflich aus (Flora, Topor, Picasso, Ionesco). Der Blick auf Frauen fällt bei Künstlerinnen bzw. männlichen Kollegen schon sehr unterschiedlich aus, teils surreal verfremdet (Dali, Bele Bachem, A.P.Weber), teils realistisch, vom Leben gezeichnet (Bock, Kollwitz, Fini, Zille). Der Lobpreis auf die Ästhetik des weiblichen Körpers ist unverkennbar meist eine männliche Sichtweise (Picasso, Dali, Beuys, Moore). Dass das wechselseitige Verhältnis der Geschlechter sehr amüsant (Unger, Topor, Wunderlich), aber auch sehr typisch (Magritte, Arnold, A.P.Weber, Fuchs) sein kann, zeigen die zwei Räume mit Frauen und Männern als Paare.
Die Skulpturen und grafischen Blätter des 90-jährigen Künstlers Peter Zeiler aus Irsee im Ostallgäu beschäftigen sich in ganz besonderer Weise mit dem „Blick auf den Menschen“. Sie gehen tiefer, loten die psychischen Dimensionen des Menschen aus. Oft stehen sie in starkem Kontrast zu den schon fast gefällig anmutenden Arbeiten der arrivierten Künstler der Stiftung; denn die Handschrift Zeilers ist nicht weich und geschmeidig, sondern eher kantig, bizarr und grob. Die Körperglieder des Menschen orientieren sich am erfüllten und erlebten Innenleben des Künstlers, sie werden des Ausdrucks wegen verzerrt und überbetont. Schmerz und Freude, Geburt und Tod, Freude und Verzweiflung sind seine Themen. Peter Zeiler hat dafür eine ganz persönliche künstlerische Erzählsprache gefunden. Im Dachgeschoss der Villa werden alte und neue Grafiken zum Thema Mensch und Musik gezeigt. Peter Zeiler erhielt 2018 den zum ersten Mal verliehenen KUNSTPREIS VILLA JAUSS.
Peter Zeiler (1930-2021) wurde 1930 in Heiligkreuz (Kempten) geboren. Nach einer Lehre als Kunstmaler, bei der er das Grundieren, Malen, Vergolden, Aquarellieren und Schnitzen lernte, arbeitete Zeiler als Dekormaler und Schaufensterdekorateur. Von 1950 bis 1956 studierte er an der Akademie der Bildenden Künste in München Malerei bei Prof. Josef Oberberger und als Meisterschüler Bildhauerei bei Prof. Josef Henselmann.
1958 gründete Zeiler in München ein privates Studio für Zeichnen und Malen, das er bis 1994 führte. Von 1967 bis 1976 war er als Zeichenlehrer an der Holzbildhauerschule in Oberammergau und von 1980 bis 1986 als Lehrbeauftragter an der Akademie der Bildenden Künste in München tätig.
Heute lebt Peter Zeiler in Irsee als freischaffender Zeichner, Maler und Bildhauer.
1959 - 66 Förderpreis der Freunde der Bildenden Kunst, München
1961 Kunstpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
seit 1973 Mitglied der Münchner Secession
1994 Grand Prix der IV. Internationalen Triennale der Kunst, Majdanek / Polen
2003 Johann-Georg-Fischer Kunstpreis der Stadt Marktoberdorf
2005 Kunstpreis der Stadt Kempten
2007 Kunstpreis des Bezirks Schwaben
2018 Kunstpreis Villa Jauss